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„Das Geheimnis des Totenwaldes“

„Das Geheimnis des Totenwaldes“: Serie, mäßig

Unter daserste.de/unterhaltung kann man nun den großspurig angekündigten Dreiteiler über die Göhrdemorde und den Mord an Birgit Meier im Stream sehen. Naja, der Dreiteiler ist online ein Sechsteiler, egal. Bereits in der ersten Szene läuft Birgit Meier vor ihrem Mörder davon durch den „Totenwald“, das ist ja schon mal Quatsch, denkt sich der anfangs geneigte Zuschauer. Aber Moment – Unterhaltung? Ja, genau das ist auch passiert: Als ob die brutale Mordserie um Kurt Werner Wichmann nicht schon dramatisch genug wäre, wurden mal kurz alle Namen geändert. Nun, nicht so schlimm, mag man sagen. Aber warum wurde nicht einmal die Göhrde Göhrde genannt und Lüneburg Lüneburg? Und wenn man sich schon dazu entscheidet, warum zeigt man dann im letzten Teil eine echte Karte von Lüneburg (im Film Weesenburg) und legt dann einfach mal die Göhrde (die nicht Göhrde heißen darf, sondern Iseforst) an Lüneburgs Randgebiet Hagen? Schwachsinn.

Mies vor allem die Regie: Hauptdarsteller Matthias Brandt kann doch viel mehr als betroffen aus dem Fenster zu schauen. Lediglich in einer einzigen Szene, als „Sielaff“, der hier Bethge heißt, beim Staatsanwalt in Lüneburg endlich der Kragen platzt, darf Brandt kurz mal zeigen, dass er ein richtiger Schauspieler ist. Karoline Schuch darf ebenfalls nicht glänzen. Warum muss sie als Anne Bach (in bester Tradition bescheuerter Ermittlernamen wie Rosa Roth und Bella Block) die übliche romantische Beziehung zu einem Kollegen eingehen? Warum gründet der TV-Sielaff nicht einfach eine Rentnerbande, um selbst zu ermitteln – wie es eben in Wahrheit war? Über die Leistung der übrigen Schauspieler breiten wir den Mantel des Schweigens aus, es ist ja Weihnachtszeit… Verständlich sprechen sollte man aber schon können.

Fraglich auch, ob Harald Meier (jahrelang verdächtiger Ehemann von Birgit Meier und früherer Besitzer der Druckerei Datacolor in Lüneburg) damit zufrieden ist, wie negativ er insgesamt dargestellt wurde.

Letztlich muss sich der riesige Apparat ARD/NDR/Degeto fragen lassen, warum man sich nicht einfach entscheiden konnte: Fiktionaler Krimi-Dreiteiler oder doch Doku? Es wäre so einfach gewesen und man wäre als Zuschauer nicht frustriert zurückgelassen worden. War es so, dass die Rechtsabteilung davor warnte, der noch lebende Bruder von Wichmann könnte sich gegen Andeutungen einer Mitwisserschaft oder mehr wehren? Im Dreibissechsteiler hat Wichmann schlicht mal gar keinen Bruder – sondern dafür einen Kumpel, der die Unterwürfigkeit an den Tag legt, die Wichmanns Bruder nachgesagt wird. Im Film wird er vernommen und vor einer Aussage im letzten Moment durch seinen Anwalt gestoppt. Auch hier fragt man sich: War es so bei Wichmann junior? Oder wieder frei erfunden? Wir werden es nicht erfahren. Geradezu entschuldigend wird am Ende jeder Folge „Frei nach wahren Begebenheiten“ eingeblendet. Ja, genau.

Die letztjährige Doku „Eiskalte Spur“ brachte zwar keinerlei neuen Erkenntnisse und nervte mit ewigen Aufnahmen eines auf dem Motorrad durch den Wald fahrenden Polizisten. Aber sie lag immerhin nicht komplett daneben. Warum man dann trotz Unterstützung Sielaffs und Meiers so einen langatmigen Mist dreht, der zu 40 Prozent aus Erfindung besteht, das kann wohl niemand erklären. Einfach bei dem echten Fall zu bleiben, wäre interessant genug gewesen, sogar weit interessanter, weil real. Die Chance, dass vielleicht doch nach dem Film heute noch jemand etwas zu den Fakten beitragen könnte, sinkt durch die ganzen Verdrehungen sogar. Wäre das Teil einfach irgendein Fernsehspiel, wäre es nur belanglos, verwirrend und nicht interessant. Aber wer so einen teuren Aufwand treibt, dem darf man dann auch Kritik zumuten.

Für Unterhaltung viel zu lahm, für Dokumentation viel zu falsch, für den Aufwand viel zu schlecht, schauspielerisch einschläfernd bis dilettantisch. Schade, man merkt eben überdeutlich, dass die Degeto sonst auf dem Niveau von „Rote Rosen“ dreht. Wie man es besser macht, zeigt die BBC seit Jahrzehnten.

C. Schötteldreyer

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